Kafarnaum, auch Kapernaum und Kapharnaum (hebräisch: כְפַר נָחוּם Kfar Nahum = Nahums Dorf) war ein Fischerdorf in Galiläa im Norden Israels, am Nordufer des Sees Genezareth, etwa 2,5 Kilometer östlich von Tabgha und 15 Kilometer nordöstlich von Tiberias an der Via Maris gelegen.
Kafarnaum spielt in den Evangelien als Wohn- und Wirkungsort Jesu eine wichtige Rolle:
- Als Jesus hörte, daß man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. (Matthäus 4, 12–13)
Dem Fischerdorf Kafarnaum entstammten mehrere der Jünger Jesu: die Brüderpaare Simon Petrus und Andreas sowie Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, außerdem der Zöllner Levi, genannt Matthäus.
Laut Markusevangelium (Mk 1,11-28 EU) lehrte Jesus zu Beginn seines Wirkens in der Synagoge von Kafarnaum, wo er – so lassen die folgenden Verse schließen – zeitweise im Haus des Petrus gewohnt haben muss. Nach der Brotvermehrung, die man später im Gebiet von Tabgha vermutete, lehrte Jesus laut Johannesevangelium (Joh 6,22-59 EU) in der Synagoge von Kafarnaum die Menschen über das „Himmelsbrot“. Erwähnt wird im Matthäusevangelium (Mt 8,5-13 EU) auch ein in Kafarnaum stationierter Hauptmann (Centurio), der von Jesus die Heilung seines Knechts erbat. Kafarnaum war ein Grenzort und möglicherweise war zu den Zeiten des Herodes Antipas dort eine Söldnertruppe stationiert.
Geschichte
Nach archäologischen Erkenntnissen war der Ort Kafarnaum wahrscheinlich seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. besiedelt.
Flavius Josephus berichtet in seiner Vita, dass er, nachdem er im Kampf gegen Syllas, den Feldherrn des Königs Agrippa II. bei Bethsaida-Julias, an der Hand verwundet wurde, in ein Dorf Namens „Κεφαρνωκόν“ gebracht worden sei.
In einer Geschichte des Midrasch Kohelet Rabba wird Kfar Nahum als ein Ort genannt, an dem Minim („Sektenanhänger“) leben, was sich auf eine Gruppe von Judenchristen beziehen könnte.
Für das vierte Jahrhundert macht Bischof Epiphanius von Salamis in seinem Buch Panarion eine interessante Feststellung. Demnach sei es in den Städten Tiberias, Sepphoris, Nazareth und Kafarnaum unmöglich gewesen Kirchen zu errichten, da die Juden streng darauf achteten, „dass sich unter ihnen niemand niederließe, der einer anderen Volksgruppe zugehörte.“
Kafarnaum wurde 746 durch ein Erdbeben zerstört und nahe beim ursprünglichen Standort wiederaufgebaut. Etwa im 11. Jahrhundert muss das Dorf aufgegeben worden sein; der Grund dafür ist unbekannt.
Während seiner ersten Palästinareise im Jahr 1838, entdeckte der amerikanische Forscher Edward Robinson die Überreste der antiken Synagoge Kafarnaums, brachte diesen Fund aber nicht mit Kafarnaum in Zusammenhang. Erst im Jahre 1866 identifizierte der britische Ingenieur Charles Wilson Tal-Hum mit dem antiken Kafarnaum. 1894 erwarb die Kustodie des Heiligen Landes der Franziskaner (OFM) einen Teil des Geländes; hier wurden im 20. Jahrhundert mehrmals Ausgrabungen vorgenommen. Ein anderer Teil gehört der griechisch-orthodoxen Kirche, auch hier wurden Ausgrabungen durchgeführt.
Archäologie und heutige Bauten
Im Bereich, der von den Franziskanern betreut wird, wurde ein Kirchenbau aus dem 5. Jahrhundert ausgegraben. Der zentrale achteckige Raum, der von einem ebenfalls achteckigen Wandelgang umgeben war, war offensichtlich über den Resten eines älteren Wohngebäudes erbaut worden. Dieses Wohnhaus gilt als "Haus des Simon Petrus", das als Hauskirche benutzt wurde. Die Pilgerin Egeria beschreibt diese Kirche Ende des 4. Jahrhunderts; den achteckigen Bau erwähnt der Pilger von Piacenza im 6. Jahrhundert. Das Gebäude wurde Anfang des 7. Jahrhunderts, wahrscheinlich beim Einfall der Perser, zerstört.
Über den Ausgrabungen wurde 1990 von den Franziskanern eine auf Stelzen stehende moderne Kirche errichtet, die die Funde schützen soll.
Ebenfalls auf dem Gelände der Franziskaner wurde die Synagoge von Kafarnaum ausgegraben; es kann sich allerdings nicht um die in den Evangelien erwähnte Synagoge handeln, da der Bau ins 3. oder 4. Jahrhundert zu datieren ist. Die Synagoge steht aber vermutlich an der Stelle eines älteren Vorgängerbaus. Auch die Synagoge wird von Egeria in ihrem Reisebericht beschrieben. Wie die Kirche wurde auch die Synagoge Anfang des 7. Jahrhunderts zerstört.
Auf dem angrenzenden Gelände, das im Besitz der griechisch-orthodoxen Kirche ist, wurden bei Ausgrabungen Wohnhäuser und eine Art Kaimauer gefunden.
1931 wurde eine kleine griechisch-orthodoxe Kirche erbaut, die den sieben Aposteln geweiht ist, denen nach Johannes 21 der auferstandene Jesus am See Gennesaret erschienen ist.
Zum Jahr 2000 wurde östlich der historischen Stätten eine neue Anlage für Pilger und Touristen errichtet, von wo aus auch Bootsfahrten über den See angeboten werden.
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